Das Thema liegt mir am Herzen und stürzt mich glatt in eine Glaubenskrise – ich glaube, ich sehe nicht richtig! Lebkuchen trüben meinen Blick. Menschenhorden in Dirndln und Lederhosen ziehen seit 2 Wochen um die Münchner Häuser. Oktoberfest: Spatzis, Hasis, Mausis und Bärlis aus Zuckerguss zieren Lebkuchenherzen, die als Accessoire in den Dekolletés der Wiesnbesucherinnen baumeln. Überall Trachten in allen Farben und Herzl in allen Größen. Mir drängt sich die Frage auf, ob die gewählte Größe Rückschlüsse auf die Gefühlswelt der Schenkenden zulässt? Oder der Beschenkten? Oder ist die Wahl etwa auf einen gewissen Alkoholpegel an Wiesnbier zurückzuführen?

Flucht nach vorne

Eigentlich will ich nur zum Supermarkt und versuche so, den alkoholisierten Wiesnbesuchern zu entgehen und für ein paar Augenblicke herzlfrei zu bekommen. Doch ich schaue mich um und bin umgeben von… Lebkuchen! Kleine schokolierte Lebkuchenherzen, Elisenlebkuchen, Printen, Dominosteine und Spekulatius stehen in Türmen aufgereiht vor meiner Nase. Sommerbilder rasen vor meinem inneren Augen vorbei: 36 Grad, Picknickdecke, Eiskaffee, Grillabende und Hängematte…soll das alles schon wieder unbemerkt an mir vorübergezogen sein? Ich schwelge zumindest noch im Altweibersommer. Ich ignoriere die morgendlichen Frühnebelschwaden in ländlichen Gefilden, rede mir ein Kürbis sei ein Sommergemüse und traue seit Wochen meinen Ohren nicht, wenn meine Kunden Bourbon Vanille zum Weihnachtsplätzchen backen kaufen und sich an meinem Marktstand mit kulinarischen Geschenken für treue Kunden und ihre Liebsten eindecken wollen.

Frühjahr, Sommer… Winter?

Diese Lebkuchen – sie lösen Panik in mir aus! Weihnachten scheint mit großen Schritten näher zu rücken. Gedanken an Weihnachtsmärkte, kalte Füße, Glühwein und Geschenksets machen sich breit. Die Sehnsucht mal wieder selbst Gutsle (schwäbisch für Bredle, Plätzchen, Kekse) zu backen und das Wissen, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass ich es dieses Jahr schaffen werde. Laut Wikipedia gibt es allerlei zur Geschichte des Lebkuchens zu sagen, doch obwohl er heute in vielen Kulturen mit Weihnachten in Verbindung gebracht wird galt er früher als Fastenspeise und wurde zu starkem Bier serviert (aha, da schließt sich der Kreis zur Wiesn). Doch eine gewisse Leere holt mich ein. Was ist nur aus Zwiebelkuchen mit einem Gläschen Suser und dem guten alten Zwetschgendatschi geworden? Fällt das nun alles aus wegen Herbstlosigkeit?

kakaostreuer-kleinIch fliehe aus dem Supermarkt, zurück in meine 4 Wände vor meinen Computer mit dem hawaiianischen Bildschirmschoner und mache mir Gedanken. Gedanken darüber, dass ich am Wochenende wieder unseren Gewürzzucker „allesVanille Winterzauber“ einpacken sollte. Ein Zucker der mit seiner Kakaonote und zahlreichen Gewürzen wie Kardamom, Zimt, Nelken und Ingwer eine orientalische Note hat. Na ja, und für viele riecht und schmeckt er -ich wage es kaum auszusprechen- irgendwie weihnachtlich.
zwetschgenkuchenIch gestehe, seit Jahren schon will ich selbst ein Rezept für Kartoffel-Lebkuchen ausprobieren. Doch Weihnachten ist bei mir ja quasi schon wieder vorbei!
Und für kommende Woche bestelle ich bei meiner Mama einen selbstgemachten Zwetschgenkuchen und zwar meine Lieblingsvariante mit Mürbteig und „Winterzauber“. Und den esse ich dann mit einer großen Portion Schlagsahne und genieße zumindest noch ein Stückchen Herbst auf meinem Teller.

 

Seid Ihr gedanklich noch im Herbst oder backt Ihr schon?