Es war einmal Graf Eberhard von Urach… er forderte von seinem zum Tode verurteilten Hofbäcker ein Gebäck, durch das 3x die Sonne scheinen sollte und wollte ihm bei Erfolg die Strafe erlassen. Diese schwäbische und andere regionale Legenden ranken sich um die Entstehung der legendären Brezel – auf bayerisch Brezn oder Breze genannt. Andere Stimmen behaupten, dass die ursprüngliche Palmbrezel ihre Bezeichnung vom lat. ‚bracellum‘ erhielt und an die verschränkten Arme der Mönche in Gebetshaltung erinnert. Irgendwie geheimnisvoll, dieses geschlungene Backwerk, das ich so liebe! Dunkel knusprig muss sie sein, in groben Salzkörnern gewälzt. Kein Vesper des Schwabens, keine Brotzeit des Bayerns und keine österreichische Jausen ist ohne das Laugengebäck vorstellbar. Oder Brezenknödl mit Gulasch? Mmmh, ich schweife ab…

Wisst Ihr eigentlich etwas über das sogenannte Gebildebrot? Mal ehrlich, wer macht sich da schon Gedanken? Solangs schmeckt – wie die Schwäbin sagen würde. Bereits im Jahre 1111 nach Christus taucht die Brezelform in einem Wappen auf und gilt seither als Symbol des Bäckerhandwerks. Sie war ursprünglich eine christliche Fastenspeise und ihr wurde besondere Segenskraft zugesprochen. Die Brezelzeit war noch im 18. Jahrhundert auf die 40 Tage vor Ostern beschränkt.

Füßle oder Ärmchen – der feine Unterschied

Trotz meiner Schlabbergosch-Wurzeln bin ich vor 2 Jahrzehnten Wahlbayerin geworden und muss gestBrezn-bayerischehen, dass ich nach der bayerischen Laugenbrezn süchtig geworden bin. Bei meinen Eltern in Oberschwaben genieße ich belegte Seelen – eine mit Kümmel und Salz bestreute herzhafte Brotspezialität. In meinem Münchner Leben verschlinge ich massenhaft Brezn, ob mit Butter, Obatzda, Frischkäse – beim Belag sind der Phantasie bekanntlich ja keine Grenzen gesetzt. Bei der schwäbischen Variante wird der Bauch dicker geformt und vorab eingeschnitten, sodass der helle Hefeteig beim Backen gleichmäßig zum Vorschein kommt. Die Enden der Ärmchen bzw. Füßle werden dünner geformt und sind daher sehr kross. Das bayerische Exemplar hat eine gebräunte, glatte Kruste mit Ärmchen aus einem gleichmäßig dicken Teigstrang, die auch höher am Bogen ansetzen. Seit dem 13. März 2014 sind verschiedene Bezeichnungen wie zum Beispiel „Bayerische Breze“ sogar als geschützte geographische Angabe nach europäischem Recht eingetragen. Die spinnen die Bayern.

Und wir Brezelfreunde spinnen auch!

Ich glaube, es gibt kein zweites Backwerk, das Frühstücks- und Biergartenfreunde in so zahlreiche Lager spaltet. Gelegentlich halte ich mich morgens beim Bäcker meines Vertrauens auf, um bei einer Tasse Kaffee die Real Doku Soap „Szenen einer  Ehe“ zu beobachten. Er möchte seine Brezn bitte knusprig und mit viel Salz, sie gerne weich und salzlos, für die Kleene im Kinderwagen bitte ganz hell und bloß nicht salzig und das mit I-Phone hinterherschleichende ‚Pubertier‘ hat chronische Entscheidungsschwäche und hätte sie gerne nur wenig gebräunt, aber dennoch mit einem gewissen Knuspereffekt. Es ist verrückt, ganz zu schweigen davon, dass sich die Brezn auch mit Belag großer Beliebtheit erfreut. Butter fingerdick oder nur hauchdünn, mit Schnittlauch aber dann nur mit Frischkäse kombiniert oder lieber die Obatzda-Variante? Ein Zuckerschlecken ist das in den Morgenstunden nicht, zumindest nicht für die Verkäuferin!

Drei Brezn

Ich gestehe ebenfalls eine gewisse Kompromisslosigkeit, wenn es um den Genuss meiner Brezn geht.  Ich kann sie trocken verspeisen oder mit Belage, doch da gibt es nur entweder oder: Butter pur oder Käse ohne Butter. Ich sagte ja bereits, die spinnen die Brezelesser! Und obwohl die Geschlungene in Bayern gleich nach dem Bier zu den Grundnahrungsmitteln gehört und wir in einem Viertel wohnen, wo es an Bäckereien nicht mangelt war es dennoch eine jahrelange Herausforderung die Richtige zu finden. Und das Schlimmste ist, wenn der Bäcker meines Vertrauens plötzlich weiche, salzlose Brezn in meine Tüte packt. Das geht gar nicht! Und unter uns, um noch eine echte von Hand geschlungene Bäckerbrezn mit diesem besonderen Hauch Laugengeschmack zu bekommen, muss man sich schon eher in ländliche Regionen wagen.

 

Auf der Suche nach Eurer persönlichen Lieblingsbrezn kann ich Euch nicht behilflich sein, aber Ideen für leckere Aufstriche habe ich auf alle Fälle auf Lager. Bald könnt Ihr sie auf meiner Rezeptseite entdecken!