Wie berauschend sie sich zeigt – die Leidenschaft! Wenn sie in den Äuglein blitzt und Menschenkinder ins Schwärmen geraten. Meine Leidenschaft: Vanille! Die Königin der Gewürze  gilt als eine der edelsten Pflanzen der Welt, balsamisch, harmonisierend, herzöffnend – ein wahres Wunderwerk der Botanik. In ihrer Heimat Mexiko gedeiht sie nur durch den fleißigen Einsatz eines kolibriartigen, endemischen Insekts (endemisch: nur in diesem Lebensraum existierende Tierart). In allen anderen Anbaugebieten dieser Welt benötigt es besonders feinfühlige Menschenhände, die als „Geburtshelfer“ zur Seite stehen. Grobmotorik ist hier nicht gefragt.

Den kleinen Blütenstempeln der filigranen, wunderschönen Orchideenblüte muss mit Hilfe eines Stäbchens zu einer Berührung verholfen werden um die Befruchtung der edlen Schote in Gang zu setzen. Das klingt doch sehr nach Leidenschaft. Oder stellt sich hier der Begriff Leidenschaft selbst in Frage? Vielleicht schaffte diese Entdeckung ursprünglich eher Leiden, denn es war ein kleiner Sklavenjunge, der anno 1841 diesem Geheimnis der künstlichen Befruchtung  auf die Spur kam.

Respekt für die Backkönigin unter meinen Vanillekunden

„Aah, ich brauche Vanille!“ stürzt eine Kundin freudestrahlend auf mich zu. Ich gebe ihr den Tipp, bei großem Verbrauch sich jetzt mit Bourbon Vanille einzudecken, da der Vanillemarkt auf Grund mehrerer Jahre schlechter Ernten sehr angespannten Zeiten entgegensieht. Leider sind die Preise dabei, in schwindelerregende Höhen abzudriften. Sie schnappt sich drei Gläser gemahlene Vanille und steht begeistert gestikulierend vor mir. Eine Welle der Euphorie schwappt über den Verkaufstisch zu mir. „Ich habe ein sensationelles Rezept für eine Vanilletarte. Unglaublich!“

Sie schwärmt mir in nahezu orgiastischen Tönen von diesem Vanilletraum vor: Vanille extrem in mehreren Schichten! Ihre leidenschaftliche Erläuterung des Rezepts  lässt mir bereits das Wasser im Mund zusammenlaufen. „Zuerst wird ein Mürbteigboden gebacken, der mit  Vanillesirup getränkt und anschließend mit einer Ganache aus weißer Schokolade bestrichen wird.“ (Ganache oder auch Pariser Creme genannt ist eine Creme aus Kuvertüre und Rahm, die zum Füllen und Überziehen von Gebäck und Süßigkeiten verwendet wird). Ich denke verzweifelt an meinen Gasofen und meine Unfähigkeit, darin Kuchen jeglicher Art ohne Verbrennungen 3. Grades, hinzubekommen.

„Dann wird das Ganze mit einer herrlichen Mascarpone Creme (selbstredend  mit Vanille) bedeckt“. Ich nehme verstärkte Speichelbildung im Mundraum wahr und spüre diese unglaubliche Füllung bereits auf meiner Zunge. Wie reichhaltig muss diese Torte sein? „Genügt da nicht ein kleines Stückchen?“ frage ich die Backprinzessin in meiner naiven Art. Voller Bewunderung merke ich an, dass ich auch gerne bereit wäre, ein fertiges Stück Tarte entgegenzunehmen. Sie schüttelt den Kopf. „Ein Stückchen? Nein, das Ganze ist im Nu gefuttert. Und ehrlich gesagt, dauert es dann  wieder 1 Jahr bis ich bereit bin, sie erneut zu machen“ erklärt sie mir lachend. Meine Fertigkeit schnell mal einen Rührkuchen in bereits erwähntem Gasofen zu backen, ist fast schon beschämend. Ich erwähne das nicht.

Geduld oder nicht Geduld ist die Frage

„Der Kuchen ist eine Diva ohne Ende, doch es lohnt sich! Man muss sich wirklich Zeit nehmen: Zwei Tage braucht man für die Vorbereitung von Vanillesirup und Ganache und die einzelnen Schichten benötigen ebenfalls eine gewisse Ruhezeit.“ erweitert sich der Kundenmonolog. Schichten voller Leidenschaft! Meine Gedanken schweifen ab. Ich lande bei Schichtsalat, der vor zwanzig Jahren der Renner auf jeder Party war. Riesige Schüsseln mit Lagen von allem was der Kühlschrank so bot. Bunt war das Motto. Schinken, Käse, Lauch, aufgepeppt mit Dosenmais und -ananas … figurfreundlich in „fettfreier“ Mayo ertränkt. Schichtsalat! Simpel in der Herstellung und von Jedem gemocht. Nicht von mir! Ich hasse Mayonnaise! Für mich bedeutete er daher eher Leiden!

Ich muss gestehen, meine persönlichen Backfähigkeiten bzw. meine Geduld reichen für dieses Backerlebnis nicht aus. Doch für alle leidenschaftlichen Backfeen: Die unendliche Vanille Tarte ist ursprünglich eine Kreation des französischen Patissiers Pierre Hérme und Ihr findet das Rezept mit wunderschönen Bildern und ausführlichsten Erläuterungen der einzelnen Schritte auf dem Blog MaLu’s Köstlichkeiten. Viel Spaß und Geduld!

 

Klingt köstlich die Vanille-Tarte, doch unter uns: Mein selbstgemachter Vanillepudding kann auch sehr lecker sein. Ich persönlich bevorzuge es weniger aufwendig. Was sind Eure Lieblingsrezepte mit Vanille?